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Astronaut Training Experience (ATX)

Bildergalerie

Die neue Astronaut Training Experience am Kennedy Space Center

Wer möchte nicht einmal trainieren, wie es die Astronauten tun? Tatsächlich gibt es dazu nur wenig bezahlbare Möglichkeiten. Eine davon bietet sich in Florida. Viele Jahre war die Astronaut Training Experience (ATX) außerhalb des Kennedy Space Center Visitor Complex (KSCVC) untergebracht. Sie lag etwa 11 km vor dem KSCVC, direkt bei der U.S. Astronaut Hall of Fame. Nach und nach wurden beide Einrichtungen in den KSCVC integriert. Sicherlich eine sinnvolle Sache, denn die U.S. Astronaut Hall of Fame ist, trotz ihrer tollen Exponate, ziemlich auf der Strecke geblieben, was den Besucherandrang betrifft. Die Hall of Fame ist jetzt Bestandteil der Ausstellung „Heroes and Legends“ im KSCVC. Seit Februar 2018 ist ATX ebenfalls im Visitor Complex beheimatet. Es befindet sich nun im Bereich des alten Haupteingangs. Im Oktober 2018 machte ich mich schließlich auf den Weg, um die brandneue ATX zu testen. 

Es geht jetzt zum Mars

Die ATX ist mir grundsätzlich nicht fremd. Bereits im Oktober 2015 besuchte ich die „alte“ Version des Trainings. Damals noch beheimatet außerhalb des KSCVC, ging es vor allem um die Space Shuttle Ära. Die Space Shuttle Flotte wird nun seit 2011 nicht mehr betrieben. Das letzte Shuttle, die Atlantis, landete am 21. Juli 2011 am Kennedy Space Center. Seitdem versucht sich die NASA neu auszurichten auf Mond und Mars. Somit war es an der Zeit auch die ATX umzugestalten. Und tatsächlich geht es dort nun schwerpunktmäßig um den Mars.

Das ATX-Center bietet zwei verschiedene Programme. Das eigentliche „ATX-Training“ dauert fünf Stunden und kostet 175 $ plus Steuern Das Programm „Mars Base One“ dauert fünf bis sieben Stunden und kostet 150 $ plus Steuern. (Stand: Dezember 2018). Die Preise beinhalten nicht den Eintritt in den Besucherkomplex. Weiterhin bietet die Webseite des Kennedy Space Center an, einzelne Module aus den Programmen separat zu buchen. Obligatorisch sei hier der Hinweis, dass man alle Trainings bereits im Vorfeld buchen muss. Meine weiteren Beschreibungen thematisieren das „ATX-Training“. 

Erste Eindrücke vom neuen ATX

Vor dem ATX-Center, Kennedy Space CenterVor dem ATX-Center, Kennedy Space CenterEs ist Sonntag, der 14. Oktober 2018 und ich fahre früh morgens den NASA Causeway entlang. Um 8.30 Uhr soll mein Astronauten Training starten. Viel zu früh erreiche ich schließlich den Parkplatz des Visitor Complex. Nur wenige Autos haben sich zu dieser Zeit hierher verirrt. Mit Kamera und Rucksack bewaffnet gehe ich gemütlich zum Eingangsbereich des Trainings-Centers. Ich rüttle an der Tür, noch ist alles verschlossen. Ungeduldig und voller Spannung schlendere ich umher, betrachte den großen NASA-Meatball auf der Mitte des Platzes und denke darüber nach, ob mein Englisch ausreichen wird, um alles gut zu verstehen. Langsam trudeln mehr und mehr Trainees ein und endlich öffnet sich auch die Eingangstür. Eine Mitarbeiterin lässt uns rein und mir fällt direkt auf, wie neu es in dem Gebäude aussieht.

An einem Schalter erhalte ich meinen Ausweis für den Trainingstag sowie ein T-Shirt. In einer Umkleide befinden sich Spinde, in denen wir unsere persönlichen Dinge einschließen sollen. Meine Videokamera inklusive Stativ darf ich aber in die Trainingshalle mitnehmen. Für alle Teilnehmer stehen Snacks und Getränke bereit, so dass wir während des Vormittags gut versorgt sind. Zunächst sammeln wir uns in einem spacigen Unterrichtsraum und erhalten eine kleine Einweisung. Es folgt eine Einteilung in zwei Teams. In den Kleingruppen lässt es sich besser arbeiten. Endlich geht es in die Trainingshalle, die sehr professionell eingerichtet wirkt. So ähnlich stellt man sich das Astronauten Trainings-Gebäude im Johnson Space Center in Houston vor. Sehr steril, sauber, weiß, professionell. Ich lasse meinen Blick durch die Trainingshalle schweifen. Ich sehe einen Mars Rover Simulator, einen Spacewalk Simulator und dazu passende Computerkonsolen, von denen man das Training startet und kontrolliert.

Unser Trainer ist locker drauf und gut gelaunt. Alle Mitarbeiter sind totale Space-Nerds oder studieren etwas aus dem Bereich der Raumfahrt. So kann unsere kleine Gruppe alle Fragen loswerden und bekommt auch gute Antworten geliefert. Erst einmal erhalten wir theoretische Basics zur Raumstation, zum Essen im Weltall. Kleine Experimente lockern die Thematik auf und klären über das Leben im All auf. Wie funktioniert eine Astronauten-Windel und warum nennt die NASA solch heikle Dinge lieber „Waste Management System“? Viele Details, die mir teilweise auch noch neu waren. 

Durchgeschaukelt im Simulator

Der Marsrover - Highlight der SimulationenDer Marsrover - Highlight der SimulationenWeiter geht es zum ersten Highlight des Vormittages: Der Mars Lander/Rover Simulator. Eine kleine Zwei-Personen-Kapsel, die voll bewegbar ist. In Zweierteams betreten wir das Vehikel und werden fest in unsere Sitze geschnallt. Ein Headset verbindet uns mit Mission Control. Schnell wird klar: Hier geht es um Spaß, Geschicklichkeit und um eine Portion Mut. Denn wir wählen von Stufe 1 (schlimm) bis Stufe 3 (ganz schlimm) die dritte Möglichkeit, die den Insassen gleich mehrere Überschläge bieten soll. Wir sind gespannt. Unser Cockpit verschließt sich und der Bildschirm simuliert einen Anflug auf den roten Planeten. Als Pilot muss ich durch die vorgegebenen Kästchen fliegen, die das Head-up-Display anzeigt. „Es ist eine Kapsel, kein Flugzeug“, beschreibt unser Trainer die Steuerung der Triebwerke. Und so stelle ich fest, dass es mir schwerfällt, die richtigen Bewegungen mit dem Steuerknüppel auszuführen. Als Ultraleichtpilot bin ich es gewohnt den Steuerknüppel dann nach vorne zu bewegen, wenn es abwärts gehen soll. In der Kapsel wird damit die Vorwärtsbewegung eingeleitet. So plumpsen wir nach einigen Minuten auf die Marsoberfläche, überschlagen uns heftig und ab jetzt ist die Kapsel der Mars-Rover. Mein Kollege ist ab sofort für die Steuerung zuständig. In enger Kommunikation mit Mission Control erhalten wir immer wieder neue Koordinaten, die wir mit dem Rover ansteuern müssen. Kommunikationsfähigkeit ist wirklich gefragt bei dem Training. Als wir das System erst einmal verstanden haben, fällt uns die Abarbeitung der Missionsziele jedoch nicht schwer. Natürlich stolpern wir über einige Gesteinsbrocken und wir werden ordentlich durchgeschüttelt, überschlagen uns einige Male und sind am Ende doch ganz froh, als die Zeit abgelaufen ist und sich die Abdeckung öffnet. Bei Stufe drei kann einem schon ganz gut schlecht werden. 

Ruhiger Raumflug mit dem Space Launch System (SLS)

Blick in die Orion-RaumkapselBlick in die Orion-RaumkapselUnsere nächste Mission führt zur Internationalen Raumstation. Unser Team wird noch einmal geteilt. Wir betreten entweder eine Orion Raumkapsel oder das Mission Control Center. Wobei diese Konstellation noch einmal getauscht wird, so dass beide Gruppen auch wirklich alles miterleben können. In der Simulation erhält jeder Teilnehmer eine feste Position mit eindeutigen Aufgaben, die es zu erledigen gilt. Dabei ist die Simulationstiefe eher gering ausgeprägt. Das Drehbuch, welches abläuft, ist recht starr und ich habe nicht das Gefühl einen wirklichen Einfluss auf den Missionsverlauf zu haben. Sowohl im Raumschiff, als auch in Mission Control sind alle Befehle per Touchscreen einzugeben. Sehr modern, allerdings vermisse ich doch die vielen Schalter des Space Shuttle Cockpits. Der aktuellen Realität kommen Touch Screens jedoch näher, denn viele Bordsysteme werden heutzutage über solche Bildschirme gesteuert. Die Simulation nimmt uns trotzdem mit in die Weiten des Alls. Wir starten mit der SLS Rakete Richtung Raumstation. In der Raumkapsel haben dann alle Astronauten die Möglichkeit, das Andocken zu trainieren, bevor dieses Manöver dann tatsächlich ansteht. So haben wenigstens alle im Raumschiff das Gefühl, angedockt zu haben und waren am Erfolg beteiligt. Insgesamt hätte ich mir hier tatsächlich etwas mehr Tiefe gewünscht. Um die Komplexität nicht überzustrapazieren, hätten auch einzelne Manöver noch realistischer sein können.

Als schwebende Hockey-Scheibe an der Raumstation

Schwerelosigkeits-SimulatorSchwerelosigkeits-SimulatorDas Arbeiten in Schwerelosigkeit lässt sich auf der Erde nur schwierig simulieren. Entweder man nutzt Zero-G-Flights, bei denen man in Parabelflügen für eine gewisse Zeit Schwerelosigkeit (und meist auch Übelkeit) erfährt oder man geht ins Tauchbecken und übt dort Arbeiten unter Wasser. Astronauten trainieren beide Varianten und verbringen viele hundert Stunden unter Wasser. Eine andere Möglichkeit wird uns in der nun anstehenden Simulation vorgestellt. Die Astronauten liegen dabei mit dem Rücken auf Liegen, die sich ähnlich wie Air-Hockey Scheiben auf dem Boden bewegen. Stößt man sich ab oder bewegt man sich ungeschickt, so wird diese Bewegung sogleich auf die Liege übertragen und man „schwebt“ in der Horizontale in eine bestimmte Richtung. Diese Art des Trainings ist eine interessante Variante, verglichen mit den bisherigen Schwerelosigkeits-Wänden, wie man sie aus anderen Trainings kennt. Angeschnallt auf der Liege ist es nun unsere Aufgabe, Reparaturen an der Raumstation ISS durchzuführen. Instruiert werden wir dabei über Funk. Eine Schritt-für-Schritt Anleitung führt dabei schnell zum Erfolg. So wechseln wir nach strengen Vorgaben Stromverteilungen aus und verkabeln sie neu. Ein Astronaut liegt auf der rutschigen Liege und simuliert damit die Schwerelosigkeit, ein Teammitglied führt Handreichungen aus und kümmert sich um die Sicherheit, eine weitere Person liest per Funk aus dem Handbuch vor. Danach tauschen wir, so dass jedes Teammitglied alle Funktionen ausgeführt hat. Was nimmt man daraus mit? Auch hier steht die Kommunikation im Vordergrund. Hat man die Anweisung wirklich richtig verstanden? Fragt man besser noch mal nach? Auch der Sinn von Checklisten erschließt sich an dieser Stelle ganz erheblich. Unterm Strich macht die Übung großen Spaß, wenngleich das „Schwerelosigkeits-Gefühl“ ein wenig auf der Strecke bleibt. 

Virtuelle Realitäten auf dem roten Planeten

Schließlich üben wir als angehende Astronauten mit VR-Brillen auf dem Mars. Auch hier werden wieder ganz kleine Teams gebildet. Die Kommunikation ist auch bei dieser Übung das Wichtigste. Dirigiert vom Teampartner sammelt man Ausrüstungsgegenstände oder Gesteinsproben auf dem roten Planeten ein. Erstaunlich ist dabei, wie tief man mit der virtuellen Realität doch bereits in Situationen eintauchen kann. So ist es nicht erstaunlich, dass auch Astronauten tatsächlich bereits mit VR- oder AR-Brillen bestimmte Arbeitsvorgänge üben. So bietet VR denn auch dem „Fastronauten“ die Möglichkeit, Dinge in einer Realitätstreue wahrzunehmen, die sonst nur einer ganz exklusiven Gruppe von Menschen ermöglicht wird. Ich bin begeistert von dieser Möglichkeit und ein wenig enttäuscht, als die Simulation beendet ist. Hier sehe ich noch sehr viel Potenzial für zukünftige Trainingseinheiten im ATX. Bereits im Euro Space Center in Belgien hatte ich die Gelegenheit VR zu nutzen. Der Moonwalk, verbunden mit VR war damals wirklich ein Erlebnis. Aber auch hier im ATX war die Simulation sehr spaßig und die Kommunikation über Funk kam nicht zu kurz. 

Das Fazit 

Am Ende gab es noch Teilnahme-Urkunden für alle. Die Veranstaltung war gegen Mittag dann beendet, etwas früher als geplant. Dies sei wohl der relativ geringen Teilnehmerzahl geschuldet. Dafür hatten wir allerdings auch sehr exklusiv kleine Teams und keinen Leerlauf. Die Mitarbeiter im ATX waren alle perfekt auf die Trainings eingestellt, sehr freundlich, hilfsbereit und gut im Thema. So haben wir uns alle gut aufgehoben gefühlt. ATX bietet Einsteigern und auch Fortgeschrittenen die Möglichkeit, für einen halben Tag in die Rolle eines Astronauten zu schlüpfen. Wobei hier der Fokus eher auf interessierte Neulinge liegt. Vorwissen ist also gar nicht nötig, um teilzunehmen. Körperlich sind alle Anforderungen gut zu schaffen. Schwerpunkt aller Trainings liegt in der Kommunikation. Mit meinen Englisch Kenntnissen bin ich „befriedigend“ klar gekommen. Einige Simulationen wären mir leichter gefallen, wäre ich Muttersprachler gewesen. Der Spagat, mit den Missionen Anfänger, Fortgeschrittene, Kinder und Erwachsene gleichermaßen zu erreichen, ist relativ gut gelungen. Als Space Camp Absolvent hätte ich mir einige Dinge noch ausgeprägter vorstellen können. Letztlich steht der Spaß im Vordergrund sowie das Wecken von Interesse an der Raumfahrt – und genau das ist auch gelungen.

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